Creafactory® 
«Discours de 
la méthode»

Warum Dialog nachhaltig ist

Von Werner Schaeppi und Claudia Gratz | 02/2025

Das Drei-Säulen-Modell geht davon aus, dass nachhaltige Entwicklung nur dann gewährleistet ist, wenn ökologische, ökonomische und soziale Ziele gleichzeitig und gleichberechtigt verfolgt werden. Aber wer definiert die Ziele?

Jedes Unternehmen agiert in einem Umfeld von zahlreichen Interessen und Akteuren. Wenn es gelingt, die verschiedenen Anspruchsgruppen möglichst frühzeitig und gleichberechtigt in Entscheidungsprozesse einzubeziehen, werden die gemeinsam definierten Ziele – und Kompromisse – auch gemeinsam getragen. Somit ist Dialog per se nachhaltig. Denn mitreden heisst mitgestalten und Mitbestimmung führt zu Mitverantwortung. Wenn die Betroffenen ihre Vorstellungen und Wünsche einbringen können, entsteht erfahrungsgemäss ein hohes Mass an Akzeptanz oder sogar die Identifikation mit einem Ziel oder Vorhaben. So fungieren die Involvierten im Idealfall als Botschafter für ein Projekt oder Vorhaben, und die im Dialog oder Mitwirkungsprozess gewonnenen Erkenntnisse helfen, ein Angebot oder eine Leistung bedarfsgerecht zu entwickeln.

Menschen wollen mitreden, wenn sich ihr Lebensraum verändert – der Zuger Stadtteil «Metalli» wird im Austausch mit der Bevölkerung weiterentwickelt

Inhärente Nachhaltigkeit von Dialog

In der Nachhaltigkeitskommunikation bedeutet Dialog, dass konsequent alle Reaktionen und Inputs aufgenommen, Fragen beantwortet und allfällige Fehlwahrnehmungen entkräftet werden. Die Form und die Tonalität des Dialogs sind den Anspruchs­gruppen entsprechend und so persönlich wie möglich zu gestalten. Die Beteiligten spüren auf diese Weise, dass ihre Bedürfnisse ernst genommen werden, und sie erhalten einen direkten Kanal für ihre Anliegen und Inputs. Persönlicher Kontakt ist auch von taktischem Vorteil für die Kommunikation, denn es ist komfortabler, auf Aussagen zu reagieren, die direkt an ein Unternehmen gerichtet sind, als auf öffentliche Bekundungen wie z. B. Leserbriefe. Imageschäden sind leicht zu erzeugen, aber schwer zu reparieren. Hier wirkt das Instrument des Dialogs präventiv, denn es enthält bereits in sich selbst den Anspruch und die intendierte Kernbotschaft, dass ein Vorhaben konstruktiv im Sinne aller Beteiligten umgesetzt werden soll.

Dialog als Bestandteil von Nachhaltigkeitsstandards – Beispiel Immobilienwirtschaft

Der Einbezug aller Beteiligten als Repräsentanz der Bereiche Ökologie, Wirtschaft und Gesellschaft ist unumgänglich, wenn ein Unternehmen oder eine Organisation nachhaltig sein will und dies per Gesetz auch muss – so wurde Nachhaltigkeit bereits 1999 zu einem Staatsziel erklärt, und seit 1. Januar 2024 müssen – zunächst – Grossunternehmen über ihre Leistungen berichterstatten.

In der Immobilienwirtschaft ist der möglichst frühzeitige Einbezug aller Anspruchsgruppen gar zur Voraussetzung für ein erfolgreiches Projekt geworden. In die Zertifizierung nach dem aktuell umfassendsten Standard der Bauwirtschaft Standard Nachhaltiges Bauen Schweiz (SNBS) fliessen konsequenterweise auch Dialog und Mitwirkung als Bestandteile der Projektentwicklung ein. Der SNBS orientiert sich am Drei-Säulen-Modell und fordert im Bereich Ökologie Leistungen wie erneuerbare Energien und Klimaschutz, bewertet im Bereich Wirtschaft Aspekte wie den Lebenszyklus einer Immobilien und den Beitrag zur Regionalökonomie und im Bereich Gesellschaft Aspekte wie Gebrauchsqualität, soziale Durchmischung, Wohlbefinden und Gesundheit. Wer auf Dialog und Mitwirkung setzt, tut dies natürlich nicht allein für ein Gütesiegel, sondern in erster Linie für einen möglichst hohen gemeinsamen Nutzen. Denn nur wer die Bedürfnisse einer konkreten Nutzerschaft kennt, kann ein ortssensibles Angebot entwickeln, das allen Beteiligten einen nachhaltigen Mehrwert bietet.

Der Artikel ist am 13. Februar 2025 als Gastbeitrag im Newsletter des öbu Verband für nachhaltiges Wirtschaften im Rahmen der Serie «Nachhaltigkeitskommunikation» erschienen.

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