Creafactory® 
«Discours de 
la méthode»

Wenn Kommunikation Epoche schreibt

Eine Betrachtung von Oliver W. Villiger | 04/2024

Der Besuch z. B. einer Kunstausstellung kann auf unterschiedliche Weise erfolgen. So steht etwa der Audioguide allen zur Verfügung, die einen expliziten Wissenszugriff präferieren. Will ich mich hingegen ganz der ästhetischen Erfahrung – dem, was Kant treffend «interesseloses Wohlgefallen» nannte – hingeben, ist selbst die Begegnung mit einer geführten Gruppe störend. Ästhetische Erfahrung und Wissenszugriff schliessen sich freilich nicht aus und letztlich ist die strikte Trennung ein philosophisch-hermeneutisches Ideal. Wenn es da aber etwas gibt, das aller Beflissenheit zum Trotz eine Souveränität offenbart, ist es das spontane Hervortreten von etwas, das uns umgibt und uns in einer Weise einnimmt, die vergessen macht, dass ich es bin, der da vernimmt. Die Epoché – das Zurück- und Innehalten –, die daraus spricht, ist als Impuls des Werks zu verstehen und mitunter als gezieltes Moment der Überraschung inszeniert.

Die «Darstellung des Unmöglichen» als Beispiel wirkungsvoller «Epoché» in der Werbung

Kann eine so verstandene Epoché – wie der Freiburger Philosoph und Begründer der Phänomenologie Edmund Husserl das methodische «Zurückhalten» bereits in der ersten Dekade des 20. Jahrhunderts nannte – auch im Kontinuum der «aufmerksamen» und «geschäftigen» Alltagswahrnehmung erscheinen? Kann es gelingen, selbst am Rand der Wahrnehmung noch etwas aufscheinen zu lassen, das es schafft, etwas zu hinterlassen, das uns in rätselhafter Weise nicht mehr loslässt? Wenn ja, können wir mit Fug und Recht behaupten, selbst auf der industriellen Bühne persuasiver Kommunikation Epoche zu schreiben.

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