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«Discours de 
la méthode»

Das Unplanbare planen

Ein Einblick in die Krisenkommunikation von Christian Weiss | 05/2024

«Krise ist ein produktiver Zustand. Man muss ihr nur den Beigeschmack der Katastrophe nehmen.»
Max Frisch

Komplexe Herausforderungen sind Teil unseres Alltags. Entscheidungen – trotz oft unzureichender Informationen – sind der Wachstumsmotor unserer Gesellschaft. Wann aber sind die Unwägbarkeiten eine Nummer zu gross? Wann wird ein Problem zur Krise oder gar zur Katastrophe?

Nach Otto Lerbinger, einem renommierten US-amerikanischen Wissenschaftler auf dem Gebiet der Public Relations und der Krisenkommunikation, ist eine Krise «an event that brings, or has the potential for bringing, an organization into disrepute and imperils its future profitability, growth, and possibly its very survival.»

Krisen haben also existenzbedrohenden Charakter. Ferner treffen sie Organisationen in der Regel plötzlich und unerwartet, sind spezifisch und bisweilen nur schwer planbar. Wie gehen wir kommunikativ mit einem solchen Ereignis um? Wie lässt sich das Unplanbare zumindest ein Stück weit planen?

Die wichtigste Grundregel lautet: Ruhe bewahren! Nur ein ruhiger Geist kann sich einen umfassenden Überblick verschaffen und vernünftige Entscheidungen treffen. Vor diesem Hintergrund hilft die Vorbereitung mit einem neutralen Dritten, der die Standortbestimmung und den Krisenkommunikationsprozess unterstützt, um nicht nur subjektiv, sondern auch objektiv das Richtige zu tun – und zwar von Anfang an. Denn gerade in der Krise entscheiden die ersten Reaktionen massgeblich über den weiteren Verlauf. Um diesen kommunikativ positiv zu begleiten und zu gestalten, sind einige Grundregeln und bewährte Verhaltensweisen zu empfehlen:

  • Szenarien vorbereiten und durchspielen: beispielsweise sollten Familienunternehmen für den Fall, dass der Gründer stirbt, einen Plan für die Unternehmensnachfolge und für die Kommunikation haben, Chemieunternehmen treffen Vorsorge für Unfälle und Verunreinigungen am Standort oder Fluggesellschaften für den Absturz einer ihrer Maschinen;
  • die Konsistenz der Botschaften: eine «one voice policy» stellt sicher, dass alle die gleichen Botschaften und Inhalte gegenüber den Anspruchsgruppen kommunizieren;
  • der richtige Ton: Aussagen gegenüber Betroffenen, Involvierten, Mitarbeitern, Medien und der breiten Öffentlichkeit folgen dem CARE-Modell («compassion, action, reassurance and examples») und enthalten keine Floskeln;
  • die Reihenfolge der Kommunikation: ein Grundsatz in der Unternehmenskommunikation lautet, intern vor extern zu informieren – und auch direkt Betroffene erfahren Schwierigkeiten besser nicht aus den Medien;
  • Transparenz und Offenheit: ein wesentliches Ziel ist die (Rück-)Gewinnung von Vertrauen bei den Anspruchsgruppen, dies gelingt nicht mit einer Verschleierungstaktik, sondern durch faktenbasierte Information; und
  • Dialog statt Monolog: Medien stellen kritische Fragen, wer nicht blockt, sondern das Gespräch sucht, hat die Chance, seine Sichtweise aufzuzeigen und im besten Fall die öffentliche Meinung mitzugestalten.

Wichtig bei aller Vorarbeit ist, nie zu vergessen, dass jede Krise spezifisch ist. Das heisst, allein aus der Schublade lässt sich kein solches Ereignis bewältigen. Doch hilft eine gute Vorbereitung und sorgsame Nachbereitung, um im (nächsten) Ernstfall Ruhe zu bewahren – oder, frei nach Max Frisch, der Krise den Beigeschmack der Katastrophe zu nehmen und sie als Chance zu betrachten.

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